Im November haben die Rechten eine “kleine Wannsee Konferenz” abgehalten. Unter dem Begriff “Remigration” wurde die groß-angelegte Abschiebung von deutschen Staatsbürger:innen besprochen.
Nachdem die Rechercheplattform Correctiv über die Veranstaltung berichtet hat, bei der auch Martin Sellner beteiligt war, wird klar: Die Rechten bereiten sich auf die (demokratische) Machtübernahme vor und schmieden jetzt schon Pläne für die Zeit danach. Während die schweigende Mehrheit(?!?) bisher Grenzüberschreitungen mit einem lethargischen Achselzucken kommentiert hat, folgt dieses Mal eine Reaktion, die über Empörung hinausgeht.
100.000nde Menschen demonstrieren in Deutschland und auch in Österreich, um zu zeigen, dass noch nicht alles egal ist. Die große Frage, die sich dabei stellt:
"KANN EINE DEMO NOCH ETWAS BEWIRKEN?"
Teilweise ja. Die Bauern haben in Deutschland gerade dafür gesorgt, dass die KFZ Steuerbefreiung doch nicht abgeschafft wird. Und irgendwie könnte man argumentieren, dass auch die Corona Demos gegen die Impfpflicht geholfen haben. Oder war es doch die Durchseuchung?
In beiden Fällen wurde die Regierung unter Druck gesetzt — aber weder die AFD noch die FPÖ sind im Bund in der Regierung. Hier handelt es sich um ein gesellschaftliches Symbol. Nur ist das denen, an die es adressiert ist, komplett egal. Im Gegenteil, vielleicht mobilisiert es die Rechte sogar.
Welche das sein könnten — dafür hilft wieder einmal der Blick in die USA.
Auch dort sucht man verzweifelt nach Mitteln und Wege, um Trump aufzuhalten. Gerichtliche Verfolgung und demokratisch fragwürdige Anordnungen scheinen aktuell eher das Gegenteil zu bewirken: Trump ist stark wie nie und jede klassische Maßnahme mobilisiert seine Anhängerschaft noch mehr.
Aber in den letzten Tagen wird eine Geschichte immer größer, die erstmals ein wenig Angst im MAGA Lager spüren lässt. Es geht um Taylor Swift. Kein Popstar ist so groß, so mittig und so breit. Und Taylor ist vor allem amerikanisch — ganz besonders wenn sie mit Travis Kelce den Highschool-Beauty-und-Football-Star-Traum wahr werden lässt (und gleichzeitig 330 Millionen für die NFL generiert). Taylor ist, und das macht sie so besonders, weder nur Hollywood und Kultur-Elite, noch ist sie Teil der “Try that in a small town” Welt. Oder eigentlich: Sie ist alles. Und steht gleichzeitig über den Dingen.
Dementsprechend groß ist die Angst der Amerikanischen Rechten, dass Taylor gemeinsam mit ihrem Traumboy bei der Superbowl Halftime Show Präsident Biden endorsen könnte. Eine Angst, die sich in so paranoiden Verschwörungstheorien äußert, dass sogar dem QAnon Shaman schwummrig wird. Denn im Gegensatz zu diversen Anklagen würde so ein Statement Trump wirklich schaden: Laut einer aktuellen Umfrage in Auftrag gegeben von Newsweek geben 18% der Befragten an, dass sie eher jemanden wählen würden, der oder die von ihr empfohlen wird.
Daraus kann man auch für den Kampf gegen Kickl, Weidl und Höcke lernen. Uns gegenseitig bei einer Demo um den Ring auf die Schultern zu klopfen ist zwar nett und schaut auch gut aus. Aber genauso wie ein Unterstützungskomitee aus den üblichen Verdächtigen oder eine Positionierung des Burgtheaters ist die Wirkung davon eher fraglich.
Denn die Parallelgesellschaften von 2024 existieren weniger in migrantischen Vierteln als im digitalen Raum. Klassische Medien dringen in die rechten Bubbles und Telegram-Gruppen kaum mehr vor — und wenn doch, dann nur als Bestärkung, dass Armin Wolf und der Staatsfunk biased sind.
Penetration ist nur in Räumen möglich, die unverfänglich scheinen: Influencer:innen, Health, Food, Fun. Kurz alles, was Unterhaltung ist und nicht vom sogenannten politischen Mainstream kommt. Wenn wir wirklich etwas erreichen wollen, müssen wir hier eine breite Front bauen, die die Echo-Kammern der Rechten durchdringt.
Ein essentieller Faktor dafür: Kommunikation auf Augenhöhe.
Influencer:innen nehmen ihr Publikum ernst, schließlich bezahlt es auf die eine (tatsächliches Geld) oder andere Art (Eyeballs) für die Stars. Hier sind alle willkommen und die große Spaltung bleibt noch aus. Interesse, statt Ideologie — das erlaubt einen viel glaubwürdigeren Austausch.
Umgelegt auf die Politik würde das heißen, dass man tatsächlich offen auf die Bevölkerung zugeht und ihr auch ein wenig mehr zutraut, statt gewisse Gruppen von vornherein auszuschließen und sich rein auf die Mobilisierung der Kernwähler:innenschaft zu konzentrieren.
Und in einem weiteren Bereich wird mangels Talent und Skills versagt: Dem Verpacken von Fakten in Geschichten. Es ist ein schmaler Grat zwischen Populismus und Politik, aber eigentlich auch nicht. Die einen erzählen die Wahrheit kunstvoll, die anderen die Unwahrheit ganz billig. Kommunizieren ist eine Kunst.
Eine Kunst, die sich immer mehr in den digitalen Raum verschiebt. Das trifft selbst den Superbowl. Auch wenn der Commissioner der National Football League sagt, es werde nicht so schnell ein reines Streaming Event werden, sprechen die Zahlen eine andere Sprache: Cutting the Cord heißt in den USA den Kabelanschluss kündigen. Und genau das haben in den vergangenen 10 Jahren 30 Millionen Haushalte gemacht. Passend dazu haben diese Woche Disney, Warner und Fox ein Joint Venture angekündigt: eine gemeinsame Sport Streaming Plattform.
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